Heimathefte "Rund um den Weiher"


Folge 7:
Der Annahof

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Folge 7: Der Annahof


Kapitel:

Kapitel 1: Mon Plaisir - Annahof - Bon Voisin
Kapitel 2: Bäckerei Hofmann/Allgayer - Das Ende einer Ära
Kapitel 3: Die Kultivierung des Würzbachtals
Kapitel 4: Flurnamen Hölzernes Kreuz
Kapitel 5: Die Leidensgeschichte des Georg Bieg
Kapitel 6: Dorfgeschichte
Kapitel 7:

Kapitel : Mon Plaisir - Annahof - Bon Voisin


Von der Herrschaft in Blieskastel ist die Reichsgräfin Marianne von der Leyen die bekannteste Persönlichkeit. Wer war nun diese bewundernswerte Frau? Während der Vorname ihres Mannes, nämlich Franz, kaum bekannt ist. Ihr Name ist Marianne. Sie stammt aus einer Freiherrnfamilie, der seit 1377 so genannten Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg. Der Doppelname kündet von der 1323 erfolgten Verschmelzung des in weiblicher Linie erloschenen Geschlechts der Dalberge mit den Kämmerern von Worms.

Nachkommen von dieser Vereinigung errangen durch ihre hervorragende Tüchtigkeit Ruhm und Rechte. 1723 wurde ein Familienpakt geschlossen, wodurch zwei selbständige Linien entstanden: Dalberg zu Dalberg und Dalberg zu Herrnsheim. Der Großvater von Marianne war der Begründer der Herrnsheimer Linie und hieß Wolf Eberhardt. Er war Kaiserlicher Geheimrat und starb schon am 15. Dezember 1737. Seine Frau, Maria Anna Greiffenclau von Vollraths, schenkte ihm sechs Kinder und starb am 8. Oktober 1768.

Die Eltern von Marianne waren Franz Heinrich von Dalberg zu Herrnsheim und Sophie Maria Anna von Eltz. Das junge Paar wohnte im Sommer in Herrnsheim und im Winter in Mainz, Der ältere Dalberger Hof am Ballplatz, der jüngere Dalberger Hof in der Klarastraße. Als zweitältestes Kind von 14 Geschwistern wurde Maria Anna am 21. März 1745 geboren. Am selben Tag wurde sie getauft und als Patinnen fungierten die beiden Großmütter. Die Namen erhielt sie von der Herrnsheimer Großmutter Anna Maria und von der Mainzer Großmutter Katharina Helena Josepha.

Als Marianne 18 Jahre alt war, starben ihre Mutter und Großmutter des Herrnsheimer Hauses. Ihr Vater Franz Heinrich wandte sich an seine Schwägerin, die Schwester seiner verstorbenen Frau, Antoniette Maria Gräfin zu Eltz-Kempenich, welche Äbtissin und Reichsfürstin am Damenstift in Münster war. Sie nahm die Baronesse Marianne 1764 in das Stift auf und sie wurde Kanonesse. Die Stiftszeit war unter Führung ihrer Tante ein geistiger Gewinn. Das Leben dort sollte aber nicht von Dauer sein.

Im Frühjahr 1765 war die Wahl und Krönung von Kaiser Josef II. in Frankfurt. Dieses Fest wollte die junge Baronesse sich nicht entgehen lassen und reiste nach Frankfurt. Dort haben sich Franz Karl Reichsgraf von der Leyen und das Freifräulein Maria Anna (Marianne) Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg, zum ersten Mal gesehen. Als am 18. August 1765 die Kaiserkrönung stattfand, (die Krönung zum König war am 24. März 1764), waren sich die beiden einig ein Paar zu werden. Marianne reiste ins Stift zurück um Abschied zu nehmen.

Als sie 20 Jahre alt war, wurde ein Ehevertrag geschlossen, den beide Ehepartner und auf Leyenscher Seite die Brüder des Bräutigams, Franz Erwein und Damian Friedrich, sowie Adam Friedrich, Bischof von Bamberg, von der Dalbergschen Seite auch zwei Brüder und zwei weitere Kämmerer von Worms unterschrieben. Die Hochzeit fand am 15. September 1765 in Mainz statt.

Überall im Leyenschen Land wurde gefeiert. In Blieskastel wurden schon am frühen Morgen 16 Mörser aufgestellt, die ins Tal donnerten. In Münchweiler am Glan bewirtete der protestantische Pastor seine Pfarrkinder und diese feuerten einige Kanonen ab. In Burrweiler an der Weinstraße nordwestlich von Landau, Reichsherrschaft im Besitz der Dalberg, ging es noch höher her. Artillerieoffiziere aus der nahen Festung Landau böllerten zum Gottesdienst in Burrweiler. Reichlich floss der 64er, war doch der Wein ein guter und noch in großen Mengen vorhandener Jahrgang.

Wie und ob in Niederwürzbach gefeiert wurde, ist nicht bekannt.

Zuerst wohnte das Ehepaar in Koblenz. Am 1. August 1766 nachmittags zwei Uhr gab Marianne einem Stammhalter das Leben, der den Namen Philipp Franz Wilhelm Ignatius Petrus erhielt. Am 2. April 1768 morgens um 5 Uhr folgte eine Schwester, die den Namen Charlotte Marie Anna Sofia bekam und am 13. Juni 1769 kam eine zweite Tochter zur Welt. Sie bekam den Namen Maria Sofia Antonetta Charlotta Klara Elisabetha Thekla.

Am 26. Mai 1773 verlegte die Familie von der Leyen die Residenz von Koblenz nach Blieskastel. Aber schon nach zwei Jahren verstarb am 26. September der Mann von Marianne, der Reichsgraf Franz Karl von der Leyen. Marianne musste die Landesregierung und die Obervormundschaft ihres Sohnes übernehmen. Die zum Amt Blieskastel gehörigen Orte der Größe nach waren Blieskastel, St. Ingbert, Wölferdingen, Lautzkirchen, Niederwürzbach, Wustweiler, Ormesheim. Der größte Ort war Blieskastel. Er hatte damals 109 Hausväter, 25 Witwen und 7 Hintersassen (Zugezogene), also 141 Herdstätten oder nach üblicher Schätzung 750 Seelen.

Seit der Reichsgraf Franz seiner Frau Gemahlin kurz vor Weihnachten 1773 eine Sägemühle, Wohnung für den Müller und Familie und Ackerland zu ihrer freien Verfügung überschrieb, hatte sie das Würzbachtal in ihr Herz geschlossen. Nach dem Tod ihres Gemahls 1775 folgte die Erweiterung ihres „Eigentums“ in Gestalt eines Gartens und Gartenhauses. Dieser Fleck Erde am Weiher ist ihr so lieb geworden, dass sie noch ein neues Wohnhaus errichten ließ.

Zu dieser Zeit ist auch das Zollhaus für das Oberamt Blieskastel gebaut worden. Es ist uns heute noch erhalten und zwar in der Bezirksstraße Nr. 13.

Wie Ludwig Eid in seinem Buch „Marianne von der Leyen“ schreibt, hat am 5. Mai 1781 die Gemeinde Niederwürzbach, weil die Landesmutter öfters hier weilte, ihr aus Dankbarkeit, einen kahlen Platz von ¾ Morgen geschenkt. Darauf ließ Marianne 1785/86 eine Burgruine bauen, so wie sie dies von ihrem heimatlichen Park von Herrnsheim her kannte und in Niederwürzbach sehr vermisste. Um weiter bauen zu können, kaufte sie gleich 25 Morgen Land im sogenannten Dudelsack. Bei diesen Kaufverhandlungen wurde die Gemeinde Niederwürzbach durch Peter Pressmann, Christian Wessel und Mathias Zimmermann als Gerichtsleute, Bohr und Dreßler als Deputierte (Volksvertreter) vertreten. Von diesen 5 konnte jedoch nur einer schreiben. Als die österreichischen Truppen auf dem Weg nach Brabant waren und von der Gräfin 148 Malter Hafer (1 Malter = 100 bis 700 Liter, in unserer Gegend waren es ca. 150 Liter) zum Preis von 7 Gulden der Malter, 3 Gulden über dem Friedenspreis erwarben, hatte sie Geld um weiter zu bauen. Mit diesem Erlös erbaute Bauinspektor Reheis, ein Stengel-Schüler, (er war ein Vorfahre mütterlicherseits von unserem Pfarrer Dr. Johannes Rößler, der von April 1934 bis Dezember 1945 Pfarrer in Niederwürzbach war) ein neues Landhaus. Er baute auch mehrere Häuser in Blieskastel und die Kirche in Illingen. Es wurde mit der Zeit verfeinert, ebenso der Obst- und Lustgarten. Auf dem Gelände der vorgenannten Gärten steht heute die Gärtnerei Zeller. Es entstand auch eine herrliche Parkanlage, die von dem Schlossgärtner Simon Glattfelder aus Koblenz gestaltet wurde. Weiter entstand ein Badehaus, ein Schuppen, ja sogar eine Branntweinbrennerei wurde bei der Niederwürzbacher Mühle eingerichtet, so dass Marianne diese ihre Einsamkeit „Mon plaisir“, das ist „mein Vergnügen“, nannte. Der Wert des ganzen Landgutes wurde mit 30.800 Gulden angegeben. (Ab 1791 amtlich genannt „Mon plaisir“ und ab 1807 „Schallerische Mühle“). In diesem Jahr, am 2. September 1807, hatte der Sekretär Johann Jakob Schaller die Mühle vom Fürsten Philipp I. von der Leyen gekauft. Im August 1845 erbte der Großvater von Werner Schaller, Georg Adolf, die Mühle, einschließlich dem Neuweiher mit Wiesen, Äckern und Wald. Die Mühle wurde 1972 abgerissen. (Siehe Heft „Rund um den Weiher“ 5. Folge, Der Weiher und die Mühle).

Der Oekonomiebetrieb bei „Mon plaisir“ war von Anfang an, an den Sägemüller mitverpachtet. Für den Eigenbedarf erwarb deshalb die Gräfin 1788 einen nahegelegenen Hof, der vor dem Jahre 1783 gebaut wurde, jedoch nicht vor 1761. Bauherr und Baudatum sind unbekannt. Er erscheint erstmals auf dem geometrischen Bannvermessungsplan des „Hochgräflichen Leyenchen Dorfes Niederwürzbach“ mit Datum vom 1. Mai 1783, gezeichnet vom Geometer und Renovator Johann Philipp Schwarz, der die Bannvermessung 1782/83 durchführte. Marianne erweiterte sofort wesentlich das Landhaus und den Gutsbetrieb, der den Namen „Annahof“ erhielt. Hier hatte Marianne einen förmlichen Landwirtschaftsbetrieb mit Fahr-, Milch- und Zuchtvieh und einem Vogelhaus. Der Hof wurde unter ihrer Leitung auch als eine Art Mustergut von Knechten und Mägden bedient. Die Innenausstattung galt für die damalige Zeit schon als „modern“. Der Schätzwert dieser Besitzung wurde auf 22.000 Gulden festgelegt, wobei der Jahresertrag 500 Gulden betrug. Bis zum 14. Mai 1793 waren dieser Hof zusammen mit dem „Lusthaus“ sowie die Gartenanlagen bei „Mon plaisir“ (Mühle) der Sommersitz von Gräfin Marianne von der Leyen.
Am 2. September 1807 kaufte der Ur-Urgroßvater von Werner Schaller von seinem Fürsten Philipp den Annahof. Am 24. April 1808 verpachtete Johann Jakob Schaller ihn an seinen Schwager Pierre Jungblut, der Waldhüter war und auf der Philippsburg wohnte. Im August 1844 erbte der Sohn Felix Schaller, Oekonom, Äcker, Wiesen und Wald um den Annahof und kaufte dazu von seinem Bruder Erwin Schaller dessen Erbteil, den Annahof. Felix Schaller war von 1848 bis 1868, also 20 Jahre lang, der erste Bürgermeister in Niederwürzbach.

Wer danach Besitzer des Annahofes war ist nicht bekannt. Wie mir die heutige Besitzerin, Doris Kaffke, erzählte, hat ihr Großvater Rudolf Kröll den Annahof 1917 von einem Herrn Altpeter erworben und ihn grundlegend renoviert und erweitert. Nach seinem Tod 1928 ging der Besitz auf die Erbengemeinschaft, ihre Großmuter Sophie Kröll und deren Kinder Katharina (ihre Mutter), Luise und Eduard, über. 1986 erwarben Jürgen und Doris Kaffke geborene Knoke den Annahof käuflich von der Erbengemeinschaft Kröll. Ab 1949 bewirtschaftete der Vater von Doris Kaffke, Otto Knoke, den Hof mit ihrer Mutter bis zu seiner Pensionierung. Danach fiel er bis 1986 in einen „Dornröschenschlaf“.

Der Annahof heute ist zu einem Hotel, Restaurant und Café ausgebaut, ein gern und viel besuchter Ort und ist weit über den Saarpfalzkreis bekannt.

Die historische Beschriftung am Annahof von 1988 lautet: „Der Annahof ist ein historisches Gebäude, das eng mit dem Namen der Reichsgräfin Marianne von der Leyen in Verbindung steht. 1773 schenkte der Reichsgraf Franz Karl seiner Frau Marianne einen kleinen Besitz an den großen Weihern zu Niederwürzbach. 1788 erweiterte die Reichsgräfin ihren Besitz durch den Zukauf des Annahofes, den sie für den so typischen Rundbau mit großem Innenhof, der in seiner Substanz noch heute vorhanden ist, umbauen ließ. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, durch die Wirren der französischen Revolution, wurde das Gebäude stark in Mitleidenschaft gezogen. Durch den neuen Besitzer restauriert und renoviert, zeigt sich der Annahof in seiner Ursprünglichkeit“.

Ein Sprichwort sagt: „Aller guten Dinge sind drei“, so war es auch im Würzbachtal. Nachdem Marianne das Landgut „Mon plaisir“ mit Obst- und Lustgarten, mit Zypressen und chinesischem Gartenhaus und Mühle, den Annahof mit dem schönen Wohnhaus und Landwirtschaftsbetrieb besaß, wurde auch noch ein drittes Projekt verwirklicht. Ein Geistlicher, der sich im Schloss in Blieskastel aufhielt und dort beliebt, aber sonst unbekannt war, dieser Kanoniker Foregard, (Chorherr, Mitglied eines Domkapitels) der auch das herrliche Fleckchen Erde im Würzbachtal schön fand, wie die von der Leyen, wünschte sich auch dort ansiedeln zu dürfen. Ein weiteres Sprichwort sagt: „Der Wunsch ist der Vater des Gedankens“, so auch hier. Man war sich schnell einig. Da auch der Geistliche einen Beitrag zu der benötigten Bausumme beisteuerte (bei den von der Leyen waren die Kassen meistens leer), entstand zwischen 1788/91 ein neuer Oekonomiehof, der Foregard zu Ehren den Namen „Bon voisin“, das ist „guter Nachbar“, wegen seines roten Anstrichs „Maison rouge“, das ist „Rotes Haus“ und jetzt Roter Bau, genannt wurde. Der barocke Gutshof, an dem auch noch nach Beginn der französischen Revolution gebaut wurde, bestand aus dem Herrenhaus mit großem barockem Eingangsportal, zwei kleineren Eingängen rechts und links davon und zwei Remisen (ein Gebäude für Kutschen, Pferdeschlitten, Bauernwagen und Pferdestation). Die östliche Remise wurde 1820 von Johann Jakob Schaller renoviert, da sie durch die Revolutionstruppen stark beschädigt war. Davon zeugt der Schlussstein über dem Eingangstor mit der Jahreszahl 1820. Lange Jahre haben noch Nachkommen von diesem Schaller im Roten Bau gewohnt.

Nachdem Johann Jakob Schaller am 12. Januar 1812 auf eigenen Wunsch aus der Stellung als Sekretär entlassen wurde, war er jetzt wieder „Privatmann“. Seine Frau starb 1811 und ein Jahr früher seine Tochter den Flammentod in Paris. Dort lernte er die 22-jährige Sophia Damiana kennen, die er am 24. August 1812 heiratete. Sie war die Tochter des Leyen’schen Haushofmeisters Franz Best aus Blieskastel und dessen Ehefrau Christina, geborene Maljean, aus Kusel.

Nach der Hochzeit bezogen sie das Rote Haus („Bon voisin“) zu Niederwürzbach. In dem Ehevertrag vor dem Notar Longuet in Blieskastel wurde der jungen Frau bereits der Annahof als einstigem Witwensitz zugesichert, doch später wurde eine Änderung vorgenommen. Sophia Damiana, geboren am 28. Juli 1790, war die richtige Frau für den 22 Jahre älteren Ehemann. Sie war musikalisch hochbegabt, so dass sie noch im Alter alle Welt durch ihr Klavierspiel entzücken konnte, war allseits beliebt und wurde im Würzbachtal bald nur die „Schallers-Madam“ genannt. Die Ehe blieb nicht kinderlos, ihre Kinder waren: 11. Juli 1813 Erwin Josef; 12. September 1814 Johann Baptist Felix; 15. März 1816 Karl Josef; 23. Juli 1817 (Zwillinge) Philipp Jakob Franz (nach einem Jahr gestorben) und Sophia Christina; 21. Februar 1819 Georg Adolf; 20. Januar 1820 Philippine; 22. April 1821 Maria Luise; und 24. Oktober 1826 Julie.

Bewohner in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts im Roten Bau waren, wie mir Adolf Friedhoff berichtete, die Familien Kraft, Adolf Schöpsdau, Heinrich Rinck und Heinrich Friedhoff.

Trat man durch den mittleren Eingang in den Bau, wohnte auf der rechten Seite die Familie Kraft mit ihrem Sohn René. Die Direktion der Backsteinfabrik befand sich auf der linken Seite. Dort „regierte“ Direktor Kraft. Er musste aus Oberschlesien stammen, denn er sprach „oberschlesisch“. Seine Frau stammte wahrscheinlich aus Belgien. René Kraft war Betriebsleiter in der Backsteinfabrik und ist vielen älteren Würzbachern noch ein Begriff.

Trat man durch die linke Haustür ein, so wohnte auf der rechten Seite der Großvater mütterlicherseits von Adolf Friedhoff Adolf Schöpsdau. Im Obergeschoss waren seine Schlafzimmer. Auf der linken Seite wohnte die Familie Heinrich Rinck mit ihren Kindern, Peter, Günther, Maria, Josef und Gustav. Nachdem die Rincks das Haus der Eltern von Frau Rinck umgebaut hatten, zogen sie 1935 in ihr neues Haus in der Bezirksstraße Nr. 54. Man kann heute noch die Backsteine am Haus sehen, die in der gegenüberliegenden Fabrik hergestellt wurden.

Friedhoffs sind dann mit ihren zwei Buben, Willy und Adolf, in die freigewordene Wohnung im Roten Bau eingezogen. Nachdem auch Friedhoffs sich nach dem Krieg ein Haus bauten, sind sie 1957 in ihr neues Haus eingezogen.

Die vorgenannten Männer haben alle in der Backsteinfabrik gearbeitet. Weiter auch noch zwei Brüder von Adolfs Großvater, Otto und Hermann Schöpsdau.

Als am 14. Juli 1789 in Paris die Revolution ausbrach verbreitete sich in den Herrschaftsschlössern von Blieskastel, Saarbrücken und Homburg Angst und Schrecken.

Im Dezember 1792, als man die großen Sicherheitsvorkehrungen für den Krieg traf, gab Marianne von der Leyen ihr Gut „Bon Voisin“, später wegen seines roten Anstrichs „Roter Bau“ genannt, und den Annahof an die Hofkammer ab und nahm dafür das „Kleingut Schwesterntal“ zu Niederwürzbach in ihren Privatbesitz. Dadurch sind die beiden Gebäude nicht zerstört worden, sondern nur das Gut Schwesterntal (im heutigen Schwesterntal), das ihr Eigentum war. Auch hatte sie veranlasst, dass das Blieskasteler Archiv über den Rhein in Sicherheit gebracht wurde.

Die französischen Revolutionstruppen erschienen schon bald nach der Kriegserklärung an Österreich an der Saar. Die Landesherren von Nassau-Saarbrücken, Zweibrücken und Blieskastel verhielten sich neutral und ihnen wurde von der französischen Regierung das Wohlwollen Frankreichs zugesichert. Der französische General Charles Francois du Perier Dumouriez, der noch von König Ludwig XVI. zum Außenminister ernannt wurde, versicherte dem Grafen Philipp I. von der Leyen, dass die Franzosen nicht aufhören würden hochherzig zu sein. Doch bevor die Revolutionstruppen bei uns erschienen, verließ Herzog Karl II. August Zweibrücken und setzte sich nach Mannheim ab.

Anfang August 1792 sammelte sich das Gros der preußischen Truppen, an der Spitze Karl Wilhelm Ferdinand Herzog von Braunschweig (1735 - 1806) und König Friedrich Wilhelm II. (1744 - 1797), an der oberen Saar. Während das durch die französische Festungsbesatzung in Saarlouis bedrohte Merzig von zwei kurtrierischen Kompanien gesichert wurde, stießen etwa 40.000 Preußen, 5.000 Hessen und eine 5.000 Mann starke Emigrantenarmee durch Luxemburg in Richtung Longwy. Die Österreicher in Stärke von 30.000 Mann deckten die Flanken der Invasionstruppen. Die französische Grenzfestung Longwy ergab sich bereits am 23. August, Verdun wurde Anfang September eingenommen. Durch die schnelle Einnahme der beiden Festungen war man der Auffassung, dass man die Revolutionsarmee noch im Herbst 1792 niederwerfen und Ludwig XVI. wieder in seine alten Rechte einsetzen könne. Doch es kam anders. Als Mitte September die preußischen Truppen den Raum westlich von Valmy erreichten, spürte jeder, dass sich etwas Bedeutendes vorbereitete. Die Franzosen hatten am 20. September auf einem Berg Stellung bezogen und die preußische Infanterie wollte nach einer gewaltigen Kanonade die Stellungen der Franzosen einnehmen. Nach Stunden wurde die Schlacht abgebrochen. Das war das Ende des Feldzugs. Die Invasionstruppen zogen sich vor dem Winter in Quartiere jenseits der deutsch-französischen Grenze zurück. Die Verluste bei den Kämpfen waren 1.000 Mann, aber auf dem Rückzug in Richtung Luxemburg-Trier starben 19.000 an Hunger und Krankheit. Goethe, der als Beobachter mit Herzog Karl August vom Weimar, Kommandeur des 6. preußischen Kürassierregimentes, an der Invasion in Frankreich teilnahm, schrieb an seine Mutter: „Der ärgste Feind sind nicht die Revolutionsarmeen ... Hunger, Erschöpfung, ansteckende Krankheiten, peitschender Regen, mangelnde Versorgung und Desorganisation verwandeln den Rückmarsch in eine traurige Lazarettfahrt“.

Schon im Sommer 1789 brachte sich ein Teil des französischen Hochadels in Sicherheit. Ihre Zahl stieg auf 40.000. Besonderer Anziehungspunkt war, wegen der Grenznähe, das Kurfürstentum Trier. Bis Frühjahr 1792 hatte die Zahl der „Flüchtlinge“ die Zahl der Einwohner von Trier übertroffen. Es kam zu einem Versorgungs-, aber auch zu einem politischen Problem. Die französische Nationalversammlung ließ Clemens Wenzeslaus Erzbischof und Kurfürst zu Trier, (1768 - 1802; zugleich Bischof von Augsburg und Propst von Ellwangen; gestorben 1812 in Marktoberdorf im Allgäu, 1739 geboren als Sohn des Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen war er Herr von Sachsen) erklären, dass sie ihn als Feind betrachten würde, wenn er nichts gegen die Zusammenrottung der Franzosen in seinem Land unternehmen würde. Anders als Kurfürst Wenzeslaus vermieden vernünftigerweise Ludwig von Nassau-Saarbrücken, Karl der II. August, Herzog von Zweibrücken, und Philipp I. von der Leyen, sich zu exponieren. Ja der Leyengraf gab sogar die Waffen und sonstiges Kriegsgerät ab, um ja nicht als „Feind“ der Revolutionsarmee zu erscheinen.

Als im Frühjahr des Jahres 1793 die Umstände dramatischer wurden, änderte die Gräfin Marianne von der Leyen ihr Versprechen, das Land nicht zu verlassen und die Untertanen ihres Sohnes nicht im Stich zu lassen. Als sie am 14. Mai aufwachte, hatte sie das Gefühl, dass ein großes Unglück geschehen würde. Sie wusste ja nicht, dass schon der Befehl zu ihrer Festnahme von den Volksrepräsentanten der Moselarmee in Metz unterschrieben war.

Der Chef der Saargemünder Nationalgarde, Citoyen Bautay, wurde beauftragt die Festnahme zu vollziehen und Marianne nach Metz zu bringen. Dieser machte sich mit 39 Nationalgardisten auf den Weg nach Blieskastel. Dort angekommen ließ er das Schloss umstellen, um eine Flucht unmöglich zu machen. Der Kommissar ging ins Schloss um die Gräfin festzunehmen. Marianne hatte zum Abendessen französische Offiziere eingeladen und bat auch Bautay zu Tisch. Dieser antwortete mit wildem Blick: „Ich esse nichts“.

Als Marianne vom Oberstallmeister ihres Sohnes unterrichtet wurde, dass sie festgenommen werden sollte, erklärte sie entschieden, dass sie wenigstens einige Augenblicke brauche, um zu sich zu kommen. Daraufhin verließ Bautay den Salon und die Reichsgräfin ging in ihr Gemach, verkleidete sich als Dienerin und floh in Richtung Süden. Vom 15. bis 17. Mai war sie bei dem Pfarrer von Rubenheim untergebracht. Dann ging es weiter über Herbitzheim, Biesingen, Alschbach und Lautzkirchen nach Niederwürzbach. Hier erhielt sie vom Ur-Ur-Urgroßvater von Werner Schaller, Johann Jakob Schaller dem Älteren, der ihr Gärtner war, Vater des Privatsekretärs vom Grafen Philipp I., trockene Kleider. Er flüchtete mit ihr in den Wald, denn im nahen Schloss plünderten die Franzosen. Schaller erkundigte sich bei den bei Limbach stehenden Preußen. Diese wollten eine Patrouille schicken, um Marianne auf der Flucht zu beschützen. Es war der 21. Mai 1793, als die Gräfin Niederwürzbach zum letzten Mal sah. Doch kam es anders als geplant. Die Preußen wurden zurückgeworfen und Marianne ging wieder auf die Wanderschaft und stand an diesem Abend wieder vor dem Pfarrhaus in Rubenheim. Dort blieb sie zwei Tage bis der Gärtner ihr überbrachte, dass ein Preis auf ihren Kopf ausgeschrieben sei und zwei Pfarrer festgenommen worden waren. Jetzt musste schnell gehandelt werden. Marianne nächtigte vom 23. auf den 24. Mai in einer Höhle und der Pfarrer von Rubenheim versteckte sich in einem Steinbruch.

Ein Bauer von Bebelsheim nahm sie am Morgen des 24. Mai mit in sein Haus und am Abend brachte man sie in die Mühle nach Gersheim. Dort versteckte sie sich auf einer Insel in der Blies. Am 25. Mai meldete sich in der Mühle der Lautzkircher Lehrer, der sie ein paar Tage zuvor von Lautzkirchen durch den Wald nach Niederwürzbach geführt hatte. Dieser hatte sich bis Glan-Münchweiler durchgeschlagen, wo sich ihr Sohn, Reichsgraf Philipp I. aufhielt, und einen Plan zur Rettung der Gräfin entworfen hatte. Der Lehrer verkleidet als Schuster und die Gräfin, als seine Mutter mit falschen Pässen ausgestattet, gingen auf den Weg und kamen glücklich in Glan-Münchweiler an. Die Wiedersehensfreude war groß und Marianne vergaß alles Leid und die Strapazen. Die Frau von Philipp und ihr Kind, sowie seine Schwestern Charlotte Maria Anna Sofia und Maria Sofia Antonetta Charlotta Klara Elisabetha Thekla waren schon über dem Rhein in Sicherheit.

Marianne wurde im protestantischen Pfarrhaus aufgenommen, so wie schon ihr kranker Sohn, und wurde von Pfarrer Andreas Kohlermann rührend umsorgt; sie blieb bis 10. Juni. Der junge Reichsgraf, der wieder gesund war, schenkte dem Pfarrer ein Fuder (ca. 1.000 Liter) Wein für die gute Bewirtung und Pflege. Zwei Tage nachdem Marianne und ihr Sohn abgereist waren, erschienen 500 französische Reiter in dem Dorf um die Gräfin „abzuholen“, konnten aber ihrer nicht habhaft werden. Bei der Suche nach der verschwundenen Gräfin fanden sie im Keller des Pfarrhauses den Wein und hielten sich schadlos bis zum letzten Tropfen.

Was wurde alles in Niederwürzbach zerstört? Im Heft „Rund um den Weiher“ 6. Folge, „Die Philippsburg“ ist ja die Zerstörung der Philippsburg beschrieben. Sie stand ja nicht auf dem Niederwürzbacher Bann, sondern auf Ommersheimer Gemarkung. Dass die Mühle und Gut und der Rote Bau 1793 nicht den Flammen zum Opfer fielen, verdanken wir der Reichsgräfin, die im Dezember 1792 ihre Besitzungen, Maison rouge (Roter Bau) und Bon voisin (Gut mit Mühle, Haus und Garten) an die Hofkammer gab und dafür das Kleingut Schwesterntal in Privatbesitz nahm. Das geschah an dem Tag, als die verfassungsgebende Versammlung der Französischen Revolution am 23. Januar 1798 in Paris die Einverleibung der linksrheinischen deutschen Lande beschloss. Das Kleingut Schwesterntal war ein mit Ökonomie ausgestattetes Landhaus, das Philipp I. zu Ehren seiner beiden Schwestern bauen ließ und anfangs „zur Gräfin“ genannt hatte. Es war ein ganz bescheidener Besitz im Wertanschlag von 6.200 Gulden, bei einer Jahreserwirtschaftung von 250 Gulden. Dieses Gut war nun persönliches Eigentum der Gräfin und wurde von den Revolutionstruppen, wie Neuphilippsburg und das Schloss in Blieskastel, zerstört.

Als Napoleon Kaiser der Franzosen geworden war und Reichsgraf Philipp I. dessen Rheinbund beigetreten war, wurde ihm von Napoleon am 17. Juli 1806 der erbliche Fürstentitel verliehen. Pech hatte er, als er sich nach Ende der Befreiungskriege nicht rechtzeitig umstellte. Er verlor seine rechtsrheinische Besitzung, die Grafschaft Hohengeroldseck im Schwarzwald, ohne Entschädigung und lebte bis kurz vor seinem Tod auf Schloss Ahrensfels am Rhein. Er starb als Privatmann im November 1829 in größter Armut, nachdem er die St. Ingberter Kohlengruben seinem Sohn Erwein I. hinterließ, der einen Prozess gegen das Königreich Bayern führte wegen der Rückgabe der Gruben, den er aber verlor.

Gräfin Marianne schloss am Morgen des 10. Juli 1804 in Frankfurt für immer ihre Augen. Ihr Sohn Philipp war mit Frau und Tochter zu dieser Zeit in Paris und erfuhr vom Tod seiner Mutter erst am 13. Juli. Er gab Nachricht, dass er erst im September nach Frankfurt kommen könne. Am Nachmittag des Sterbetages erteilte das Dompfarramt die Erlaubnis zur Überführung nach Heusenstamm. Der Wagen mit dem Sarg fuhr noch am selben Abend in Frankfurt ab und am Morgen des 11. Juli traf er in Heusenstamm ein. Die ganze Dorfgemeinde war versammelt und der Zug ging am Schloss vorbei, wo sich die Verwandten einreihten, bis zur Gräflich Schönbornschen Grabkirche. Nach einem feierlichen Requiem wurde die Gräfin Marianne in die Gruft eingesenkt. Vor das Grab wurde ein großer Stein gesetzt mit der Inschrift: „Maria Anna, Sophia, Franziska, Walburga, comitissa de Leyen et Hohen-Gerolsec. Nata Baronissa de Dalberg. Nata die 21. Martii 1745, denata die 10. mensis Julii anno 1804”. Am 29. August 1981 war die Überführung Mariannes von der Leyen aus der Gruft der Barockkirche Heusenstamm in die Krypta der Blieskasteler Schlosskirche, wo sie neben ihrem Mann Franz Karl von der Leyen ruht.

Peter Degel, St. Ingbert

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